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Brauchen Existenzgründer fachliches Knowhow?

Mittwoch, 10.02.2016, Rainer Trautz

Das ist immer wieder eine spannende Frage. Vor allem, wenn wir von Erfolgsstories hören, bei denen jemand ohne Kenntnisse der Branche und ohne Erfahrungen im zugehörigen Beruf eigene Unternehmen aufgebaut hat und diese zu Welterfolgen führte.

Doch wer erzählt die Stories der Gescheiterten, die genau deshalb scheiterten, weil sie von Branche und den Feinheiten der Berufe keine Ahnung hatten?

Kennen Sie das:

„Alle meine Bekannten sagen, dass ich fantastisch koche und dass es ihnen bei mir immer schmeckt. Warum also mache ich nicht einfach ein Restaurant auf und werde damit reich und/oder erfolgreich.“

Oder auch:
„Es macht Sinn, aus seinem Hobby eine tragfähige selbstständige Existenz zu gründen.“

Wir hören auch gern auf Messen oder von Besuchern:
„Ich will mich selbstständig machen. Welche Branche hat die besten Zukunftsaussichten?“

Was also hindert diejenigen daran, es auszuprobieren? Zumal es kaum noch Hürden gibt, um die Genehmigung zu bekommen.

Aber:

  • kann der Hobbykoch auch mit den Abläufen in einer professionellen Küche umgehen? kann er Speisen kalkulieren? hat er die notwendige Warenkunde?
  • findet der Hobby-Modellflieger auch tatsächlich genug zahlungskräftige Kunden, um davon leben zu können? oder kann er vertragssicher mit ausländischen Lieferanten umgehen?
  • wenn der Urlaub auf dem Mond beste Zukunftsaussichten hat, sollte man sich damit selbstständig machen, wenn man weder Tourismusfachwirt noch Raumfahrtingenieur ist?

Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) hat in einer Untersuchung folgende Hauptpunkte gefunden, die ein Unternehmen gefährden können:

  •          Finanzierungsmängel (die Finanzen wurden falsch geplant)
  •          Informationsdefizite (die Gründer wissen zu wenig vom Marktgeschehen)
  •          Qualifikationsmängel (kaufmännische Kenntnisse fehlen, die Branchenerfahrung ist nicht gegeben)
  •          Planungsmängel (es wird entweder gar nicht geplant oder Planungen werden nicht umgesetzt)
  •          Familienprobleme (der Ehepartner will die familiären Belastungen nicht länger hinnehmen)
  •          Überschätzung der Betriebsleistung (die Leistungsfähigkeit des Unternehmens wird falsch eingeschätzt)

Diese Erkenntnisse sind nicht bahnbrechend neu. Jedes Jahr gibt es in jedem Bundesland eine Statistik der Gründe für Insolvenzen. Und immer sind die folgenden vier Punkte fast identisch in ihrer Gewichtung:

  1.     Die Finanzierung reichte nicht aus.
  2.     Der Gründer kannte sich in der Branche nicht aus.
  3.     Der Gründer hat fehlerhaft kalkuliert.
  4.     Dem Gründer fehlte das kaufmännische Wissen.

Freiberufler haben es da etwas einfacher. Möchte jemand eine freiberufliche Existenz gründen, so definiert § 18 EStG , dass Voraussetzung für die Tätigkeit ist, dass der Gründer „auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird“.

Solche Vorgaben sind für Gewerbetreibende weniger zu finden. Sicher wird auch im Handwerk der Meisterbrief noch in vielen Gewerken notwendig, doch ansonsten gilt der Grundsatz der Gewerbefreiheit. Der findet sich in $ 1 der GewerbeOrdnung. Danach kann erst einmal jeder ein Gewerbe gründen, solange Gesetze keine Beschränkungen vorsehen.

Natürlich heißt es nicht, dass jemand ohne passende Berufserfahrung oder Branchenkenntnisse sicher scheitern wird. Aber die Wahrscheinlichkeit ist nach den Erkenntnissen der KfW und der statistischen Landesämter höher.

Fehlende fachliche Qualifikationen lassen sich durch Fleiß und Ausdauer beheben. Da das heute mittels Bildungsscheck (unterschiedliche Programme je Bundesland) oder sogar Meister-Bafög finanziell gefördert werden kann, gibt es für Gründer wenig Grund, sich vor der Gründung nicht entsprechend weiter zu bilden.

Hinweise dazu geben auch die jeweiligen Kammern, die für Gründer häufig auch eigene konzentrierte Kurzseminare anbieten, damit die Gründung sicherer erfolgen kann.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 10.02.2016 um 12:31 Uhr veröffentlicht und ist in den Kategorien Formales, Person verfügbar. Sie können zu diesem Beitrag einen Kommentar hinterlassen.

 

 


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