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Gründung im Nebenerwerb

Montag, 12.09.2016, Rainer Trautz

Ist es sinnvoll, meine Geschäftsidee vorerst nebenberuflich voranzutreiben? Und was muss ich dabei beachten?

Schauen wir uns dazu erst einmal die Statistik an (KfW-Gründungsmonitor 2016):

Die Zahl der Nebenerwerbsgründer ist ungebrochen hoch, das zeigen deutlich folgende Zahlen:

(in tausend)                                2012             2013               2014               2015

Gründer gesamt............................777               868                 915                 763

davon im Nebenerwerb..................460               562                 522                 479

Wir sehen, über 50 % der Gründer beginnen ihr Unternehmen nebenbei. Dass die Zahl der Gründer insgesamt steigt, ist auch ein Ergebnis davon, dass die sogenannten 'Notgründungen' deutlich zurückgegangen sind (- 81.000). Diese gründen fast immer im Vollerwerb.

Auch die Zahl der 'Chancengründer' ist leicht gesunken, während die Zahl der innovativen Gründungen leicht gestiegen ist. Mit 160.000 Gründungen sind die 'digitalen Gründer' inzwischen eine bedeutsame Größe.

Die Antwort auf die erste Frage scheint also "ja" zu sein. Und tatsächlich überwiegen wohl die Vorteile. Aber dazu später.

Was ist, wenn ich Vollzeit im Angestelltenverhältnis beschäftigt oder derzeit auf der Suche nach einem Vollzeitjob bin? Darf ich dann überhaupt noch nebenberuflich eine Selbstständigkeit beginnen?

Die Antwort lautet auch hier "ja", allerdings mit einem kleinen "solange...".

Von einen Nebenerwerb sprechen wir, wenn der Zeitaufwand dafür kleiner ist als in der Hauptbeschäftigung. Hier gibt es zwei kleine Grenzen zu beachten:

  1. das Arbeitszeitgesetz beschränkt die maximale Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auf 8 Stunden täglich bei 6 Tagen in der Woche. Bei einem 40-Stunden-Job dürfte ich also noch 8 Stunden pro Woche nebenberuflich tätig sein.

  2. das SGB III bestimmt, dass ein Vollzeitarbeitssuchender noch bis unter 15 Stunden pro Woche nebenberuflich tätig sein darf.

Dabei stellt sich natürlich die Frage, inwieweit die Arbeitszeit eines Selbstständigen überhaupt messbar ist.

Die Frage, ob ich meinen Hauptarbeitgeber über die Aufname einer selbstständigen Nebentätigkeit informieren oder gar seine Erlaubnis einholen muss, kann nur individuell beantwortet werden:

Ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass Nebentätigkeiten der Information oder Erlaubnis des Arbeitgebers bedürfen, so geht es nicht ohne. Ist im Arbeitsvertrag dazu nichts geregelt, dann muss der Hauptarbeitgeber nicht informiert werden, solange durch die Nebentätigkeit die Erholung des Arbeitnehmers nicht gefährdet ist.

Natürlich muss auch die Treuepflicht beachtet werden. Danach verbietet sich jede Nebentätigkeit, die im Wettbewerb zum Hauptjob steht.

Alle anderen Fragen zur nebenberuflichen Selbstständigkeit entsprechen denen einer Vollzeitgründung. So ist zu klären, ob Gründer freiberuflich oder im Rahmen einer Gewerbeerlaubnis ihrer Tätigkeit nachgehen dürfen. 

In der Gewerbeordnung gibt es kein 'Nebengewerbe'. Da manche Arbeitsagenturen einen Nachweis verlangen, dass die Selbstständigkeit im Nebenberuf ausgeübt wird, haben einige Gewerbeämter inzwischen in ihrer Erlaubnis einen Hinweis auf eine 'nebengewerbliche' Tätigkeit eingearbeitet. Damit kann dann auch der Vollzeitarbeitssuchende seiner Nebentätigkeit mit einem Gewerbeschein nachgehen.

Zu den Vor- und Nachteilen der nebenberuflichen Selbstständigkeit:

Vorteile Nachteile

- das Risiko des Scheiterns ist vermindert

- Praxis-Knowhow kann aufgebaut werden

- die Geschäftsidee kann getestet werden

- die Kundensuche entspannt sich

- Referenzen können erarbeitet werden

- ein finanzielles Polster kann aufgebaut werden

- diszipliniertes Arbeiten ist notwendig (Zeit)

- der Gründer hat deutlich weniger Freizeit

- die Motivation im Nebenjob könnte fallen

- die Gesundheit wird deutlich beansprucht

- "Sicherheitsnetz" kann "Vollgas" verhindern

 

 

Jedem, der nun beginnt, seine Geschäftsidee nebenberuflich zu testen, muss wissen, dass auch für nebenberufliche Gründer das Thema "Scheinselbstständigkeit" oder "arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit" wichtig zu beachten ist. Hierzu informieren Kammern oder Gründungsberater.

Wer seine Nebentätigkeit aus seiner Wohnung heraus beginnen kann und möchte, der sollte beachten, dass das rechtlich schwierig sein kann. In einem Mehrfamilienhaus könnte der Besuch von Kunden und Lieferanten Unruhe ins Haus bringen und so den Vermieter verärgern. Der hat auf alle Fälle ein Mitspracherecht und sollte daher im Vorfeld befragt werden.

Nicht jedes Gewerbe eignet sich für eine Nebentätigkeit: Der stationäre Händler muss sicher feste Öffnungszeiten beachten und auch der Gastronom wird nicht neben einem Vollzeitjob noch seiner Nebentätigkeit nachgehen können.

Dagegen eignen sich recht gut:

Fotograf, Webdesign, Werbung Texter, Schriftsteller (ebook)
IT-Beratung, PC-Training Computer-Service, Software-Entwicklung
Digitale Dienstleistung, Archivierung Dolmetscher, Übersetzungen
Energieberatung Hausmeisterdienst, Gartenarbeit
Catering Änderungsschneiderei
Tanzschule ebay/Amazon-Handel (eingeschränkt)
laufende Buchhaltungsarbeiten Sicherheitsdienst
Handelsvertreter (Versicherung, Bausparkasse) Marketingberatung, Personalberatung
Unternehmensberatung ...


Achtung: mögliche Einschränkungen (z.B. Handwerksrolle) beachten. 

 

 

Dieser Beitrag wurde am Montag, 12.09.2016 um 11:35 Uhr veröffentlicht und ist in den Kategorien Idee, Recht verfügbar. Sie können zu diesem Beitrag einen Kommentar hinterlassen.

 

 


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